Insekten

Auf den Seiten der Bundesregierung gibt es mittlerweile auch viele Informationen zum Thema Insekten und zu dem Mitte 2018 initiierten Aktionsprogramm "Insektenschutz". Konnte Berlin wohl nicht auf sich sitzen lassen dass wir Anfang 2018 gesagt haben, dass man nicht immer nur auf die große Politik warten kann... ;-)

Warum Insekten für unser Ökosystem tatsächlich so wichtig sind ist hier auf einer Seite des BMU (Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit) ganz gut zusammengefasst, deshalb gleich ein paar Zeilen aus Berlin direkt.

Wir denken, dass es die vielen Studien und Untersuchungen mittlerweile ausreichend belegt haben, dass das Insektensterben tatsächlich passiert. Vor unserer Haustür. Und die Erinnerung an Autos, die nach langen Fahrten voll von Insekten waren, ist noch da. Das sieht man heute nicht mehr, oder?

 

"Bericht des Bundes über Kenntnisstand, aktuelle Forschungen und Untersuchungen zum Insektensterben sowie dessen Ursachen

 

In Deutschland sind über 33.300 Insektenarten bekannt, das sind knapp 70 Prozent aller in Deutschland nachgewiesenen Tierarten. In allen Lebensräumen an Land und auch im Süßwasser stellen Insekten die artenreichste Tiergruppe. Zu den Insekten gehören unter anderem Bienen, Schmetterlinge, Käfer, Heuschrecken, Ameisen, Fliegen und Libellen. Die Lebensweise und die Ansprüche an Lebensräume, Nahrung, Kleinklima oder ganz bestimmter Kombinationen verschiedener Elemente im Lebensraum sind ebenso vielfältig wie die Insekten selbst. Zur Erfüllung der unterschiedlichen Lebensraumansprüche, aber auch zum Abpuffern ungünstiger Bedingungen (Wetterverlauf, Parasitendruck, Krankheiten) benötigen Insekten ausreichend große und auf verschiedenen Skalen vernetzte Lebensräume, die ein Ausweichen in günstigere Bereiche ermöglichen und zudem auch bei stärkeren Verlusten eine überlebensfähige Population mit entsprechendem Genpool sicherstellen.

 

Insekten erbringen wichtige ökologische Leistungen. Der Rückgang von Insekten kann tiefgreifende Konsequenzen für die Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts und seiner Leistungen haben. Insekten sind die wesentliche Nahrungsgrundlage für zahlreiche weitere Insekten, Spinnen, Vögel, Reptilien, Amphibien oder insektenfressende Säugetiere, unter anderem auch Fledermäuse. Der Rückgang der Individuenzahlen von Insekten dürfte sich auf die nachgelagerten Glieder der Nahrungskette auswirken, was mit zeitlicher Verzögerung zu kaskadenartigen Effekten führen kann. Die Angaben aus dem nationalen Vogelschutzbericht 2013 zeigen, dass bei den Vogelarten, die während der Brutzeit überwiegend Kleininsekten und Spinnen fressen, besonders viele Bestandsrückgänge zu verzeichnen sind.

 

Der Verlust von Insekten und ihren Ökosystemleistungen hat jedoch nicht nur unmittelbare Auswirkungen auf die Umwelt, sondern auch auf uns Menschen. Insekten sind für unsere Ökosysteme unverzichtbar, unter anderem für Nährstoffkreisläufe, den Abbau organischer Masse, die biologische Schädlingskontrolle, die Gewässerreinigung und die Erhaltung der Bodenfruchtbarkeit. Für den Menschen haben unter anderem auch die Bestäubungsleistungen von Insekten eine zentrale Bedeutung. In Deutschland wären beim Ausfall der Bestäubungsleistungen insbesondere der Obst- und Gemüseanbau, aber auch großflächig angebaute Ackerkulturpflanzen wie Raps, Sonnenblumen oder Ackerbohnen betroffen. Ohne Bestäubung durch Insekten würden die Erträge dramatisch zurückgehen, mit entsprechend negativen ökonomischen Auswirkungen."

 

Quelle: https://www.bmu.de/download/bericht-des-bundes-ueber-kenntnisstand-aktuelle-forschungen-und-untersuchungen-zum insektensterben-s/

 


Der Suchbegriff "Insektensterben" bei Google zeigt beispielhaft, dass sich viele Medien mit dem Thema beschäftigen und "Alarm" schlagen.

"75 % weniger Insekten in Deutschland" titelt die FAZ (Ausrichtung: mainstreaming-konservativ-liberal), "Ein ökologisches Armageddon" die linksliberale Zeit. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) startet eine Initiative "Bienen füttern" und bietet eine eigens erstellte Bienen-App zum Download an. 

Wie schon beim Neujahrsempfang berichtet haben nun sogar die Vereinten Nationen einen Weltbienentag eingeführt, jährlich am 20. Mai soll auf das Thema aufmerksam gemacht werden.

Medienhysterie? Panikmache? Fake-News? Der Leiter der Stadtgärtnerei Wiesloch hat vor einigen Wochen folgende Anmerkung dazu gemacht: "Wenn ich daran denke, wie viele Insekten früher nach langen Autofahrten an meinem Wagen klebten... Und heute? Fast keine mehr." Vielleicht ein nachvollziehbares und greifbares Beispiel für den ein oder anderen.



Wir haben Ende 2017 begonnen, uns etwas intensiver mit dem Thema Insektensterben zu beschäftigen. Man findet unwahrscheinlich viele Projekte, Info-Seiten und Initiativen. Gemeinsam sind all diesen Veröffentlichungen  grundsätzliche Aussagen, von denen hier einige beispielhaft aufgeführt werden sollen. 


Quelle: Deutschland summt

 

Bestäubungsfunktion

 

Rund 80 Prozent aller Pflanzenarten in den gemäßigten Breiten sind auf eine Fremdbestäubung durch Insekten angewiesen. Davon werden wiederum etwa 80 Prozent durch Wild- und Honigbienen bestäubt. Die weltweite Wirtschaftsleistung aller bestäubenden Insekten wird auf etwa 153 Milliarden Euro pro Jahr geschätzt. In Deutschland erreicht der jährliche Nutzwert der Bestäuberinsekten etwa vier Milliarden Euro. Da die Honigbiene eines von zahlreichen Bestäuberinsekten ist, wird sie nach Rind und Schwein als das drittwichtigste Nutztier eingeschätzt. Der Nutzwert ergibt sich aus der Bestäubung der hundert wichtigsten Kulturpflanzen. Wissenschaftler haben jedoch herausgefunden, dass für eine optimale Bestäubung Honigbienen allein nicht ausreichen. Erst in der "Zusammenarbeit" mit wilden Insekten, darunter vor allem auch Wildbienen, werden die besten Bestäubungsleistungen erreicht. Mehr dazu bei Welt.de, dem Tagesspiegel und dem Deutschlandfunk. (...)

Fehlen Tiere als Bestäuber, so werden entweder keine Früchte gebildet, oder die Früchte weisen eine deutlich geringere Qualität auf. (...) Wir verdanken insbesondere die meisten Obst- und Gemüsepflanzen, die auf unseren Tellern landen, der Bestäubung durch Biene & Co. Und wenn wir unsere Gerichte mit Rosmarin, Oregano, Petersilie oder Liebstöckel aus dem Garten verfeinern möchten, müssen wir uns ebenfalls bei den Bestäubern bedanken. Über 90 % aller blühenden Wildpflanzen sind auf die Bestäubung durch Tiere angewiesen oder profitieren von ihr. 

 

Quelle: Eine Erläuterung zur Zusammenfassung für politische Entscheidungsträger des Berichts zu Bestäubern, Bestäubung und Nahrungsmittelproduktion der zwischenstaatlichen Plattform für Biodiversität und Ökosystemleistungen (IPBES) Herausgegeben im Februar/März 2016:

 

Bestäuber: unverzichtbare Helfer für weltweite Ernährungssicherheit und stabile Ökosysteme

 

„Wenn wir die Bienen nicht mehr haben, dann haben wir bald auch keine Äpfel, Birnen, Kirschen und Pflaumen mehr“, sagte Bundesumweltministerin Barbara Hendricks anlässlich der vierten Plenarsitzung der Mitgliedsstaaten des Weltbiodiversitätsrates IPBES. Die mehrtätigen Verhandlungen dieser Zwischenstaatlichen Plattform für Biodiversität und Ökosystemleistungen fanden im Februar 2016 in Kuala Lumpur, Malaysia statt. Der von den Mitgliedsstaaten des IPBES dringend erwartete Bericht zur globalen Lage der Bestäuber wurde dort verabschiedet.

 

(...) 

 

Der Fortbestand von nahezu 90 Prozent der wildblühenden Pflanzenarten hängt auch vom Transfer des Blütenpollens durch Bestäuber ab. Damit kommt ihnen eine tragende Rolle bei der Sicherung der Funktionen von Nahrungsnetzen für Säugetiere, Vögel, wirbellose Tiere, andere Lebewesen - und letztlich auch für die Menschen - zu. Somit sind sie nicht nur für das Funktionieren von Ökosystemen wichtig, sondern sie erhalten auch die biologische Vielfalt.

Quelle: Wildbienenhelfer, Wildbienen und Blühpflanzen, tolles Buch von Anja Eder:

 

Unsere Bestäuber: Insekten ohne Zukunft?

 

Nach Belieben verändert der Mensch seine Umwelt und bedient sich freizügig an allem, was unser Planet an wunderbaren Geschöpfen und Pflanzen hervorgebracht hat. (...) Ressourcen werden bedenkenlos verbraucht, komplexe Ökosysteme empfindlich gestört.

 

Das ist nicht neu, diese Haltung zeichnet den Homo Sapiens seit eh und je aus. Doch wenn es nun um das Verschwinden der Insekten geht, ist einer der wichtigsten Bausteine des Ökosystems betroffen. Ohne Insekten, die unsere Natur bestäuben, wird es schwierig für die Nahrung für Millionen Menschen. Eine Flora und Fauna ohne natürliche Bestäubung mag sich keiner vorstellen.

(...)

 

Was können wir tun, wenn wir nicht gegen Windmühlen ankämpfen wollen?

 

Wir sollten nicht zu sehr darauf hoffen, dass politische und wirtschaftliche Maßnahmen eine Verbesserung in der erforderlichen Zeit bewirken.

Unsere Gärten haben das Potenzial, zu pollen- und nektarreichen Oasen zu werden. Wir können mit einfachen Mitteln etwas für die Verbesserung des Nahrungsangebotes tun. Sowohl die Insekten als auch die Vögel brauchen dringend Unterstützung.

Die große Chance: Würde man alle Privatgärten Deutschlands zusammenzählen, ergäbe sich laut NABU eine Fläche, die in etwa so groß ist wie alle Schutzgebiete Deutschlands.

 



Und noch etwas interessantes:

 

Menschliche Bienen in China

Dem Ausspruch "Fleißig wie die Bienen!" kommt in China eine ganz neue Bedeutung zu: Im Reich der Mitte zeigen sich die Auswirkungen des Bienensterbens so deutlich, dass die Tiere und deren Bestäubungsleistung mittlerweile von Menschen simuliert werden müssen. In Scharen schwärmen hier nicht mehr Insekten, sondern Menschen in Richtung Obstplantagen aus und bestäuben dort die Blüten per Hand.

China befriedigt den Bedarf nach Obst und Gemüse nahezu ausschließlich über den eigenen Anbau. Bei mehr als 1,3 Milliarden Menschen ist der Bedarf an Lebensmitteln entsprechend groß. Hauptverantwortlich für gute Ernten ist die Bestäubungsleistung sog. Bestäuberinsekten. Unter allen Bestäubern spielt die Honigbiene dabei die größte ökologische Rolle.

Der Knackpunkt an der Geschichte: Eine lebendige Biene haben viele Chinesen noch nie gesehen. Durch den drastischen Einsatz von Pestiziden wurde der Bestand an Bestäuberinsekten in großen Teilen Chinas bereits so stark dezimiert, dass ihre Arbeit bisweilen von Menschenhand erledigt werden muss. So ist es also keine Seltenheit, dass Scharen von chinesischen Arbeitern mit Pollen im Gepäck ausschwärmen und die Apfel- und Birnenblüten per Hand bestäuben.

 

(Quelle: http://www.bee-careful.com/de/initiative/menschliche-bienen-china/)


Foto einer männlichen Mauerbiene, mit freundlicher Erlaubnis von Jessica Dumrauf
Foto einer männlichen Mauerbiene, mit freundlicher Erlaubnis von Jessica Dumrauf